Mitteilung aus dem Jugendamt
Protokoll:
Frau Kantenwein teilt mit, dass der Jugendhilfeplaner, Herr Ilgauds, den Landkreis verlassen habe. Er habe eine attraktive Stelle, in leitender Position, in der öffentlichen Verwaltung des Jerichower Lands angenommen. Das Jugendamt bedauere seinen Weggang. Man sei bemüht, zügig die Stelle neu zu besetzen. Aktuell fänden Bewerbungsgespräche statt und man hoffe, bereits im nächsten Jugendhilfeausschuss, die/den Nachfolger/in von Herrn Ilgauds bekannt geben zu können.
Herr Stahl ergänzt, ebenfalls persönlich Nachricht von Herrn Ilgauds erhalten zu haben. Herr Ilgauds habe sich für die Zusammenarbeit bedankt und bedauere sein Ausscheiden.
Frau Kantenwein informiert über die Situation der unbegleiteten minderjährigen Ausländer (umA) im Landkreis Helmstedt. Die Situation gestalte sich zunehmend angespannter. Dem Landkreis Helmstedt würden UmAs zugewiesen, welche zunehmend schwerer unterzubringen seien. Ursächlich hierfür sei u.a. der Fachkräftemangel in der Verwaltung und bei freien Trägern. Freie Träger haben aufgrund von Personalmangel in den vergangenen Monaten Gruppenschließungen vorgenommen. Hiervon seien auch Regelgruppen betroffen. Nach Abebben der Flüchtlingswelle 2015/2016 kam es zu Schließungen von Wohngruppen für UmAs, welche nun in Folge von anhaltendem Fachkräftemangel nicht wieder neu geschaffen werden können. Die Zahlen der Inobhutnahmen von UmAs seien besonders im vergangenen Herbst wieder deutlich angestiegen, dies sei ebenfalls den Medien zu entnehmen gewesen.
Diesen gesteigerten Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten im Landkreis veranschaulicht Frau Kantenwein anhand der Übersicht (s. Anlage). Frau Kantenwein betont, dass die Möglichkeiten des Landkreises derzeit erschöpft seien und sieht hier deutliche Parallelen zum bundesdeutschen Vergleich und der Situation in anderen Jugendämtern. Hierzu bringt Frau Kantenwein folgendes Beispiel an, um das Ausmaß der Belastungssituation zu verdeutlichen: Im Dezember 2022 habe der Allgemeine Soziale Dienst bis zu 80 Einrichtungen bundesweit anfragen müssen, um Unterbringungen für die zugewiesenen UmAs zu finden. Die Belastungsgrenze der Kommunen sei erreicht. So kam es in zwei Kommunen, außerhalb Niedersachsens, bereits zu Kinderschutzfällen, in welchen das Fachpersonal nach Schweregrad triagieren musste (Quelle: Sozial- und Jugendbericht aus Januar 2023 in Hannover). Zudem beobachtet Frau Kantenwein, dass die Problematik zwar in verschiedenen Gremien in Bund und Land angekommen sei, es in KW 09/2023 sogar eine Absenkung der Standards der Fachkräften gegeben hätte, dennoch beträfe diese Maßnahme nur die Betreuung der UmAs und stelle somit vor erst nur eine Erleichterung für die freien Träger dar.
Abschließend erörtert Frau Kantenwein, dass der Landkreis angesichts der geschilderten Problematik nicht untätig geblieben sei. Man habe bereits im letzten Jahr, in der AG 78, zur Schaffung von Unterbringungsplätzen aufgerufen. In der KW 09/2023 habe sich ein freier Träger gemeldet und erklärt, gegebenenfalls eine Wohngruppe für UmAs ab 16 schaffen zu können. Im Weiteren habe das Jugendamt die Entscheidung getroffen, Maßnahmen von UmAs, bei Erreichen deren Volljährigkeit zu beenden, um nachkommende UmAs in selbiger Maßnahme unterbringen zu können. Dies sei jedoch eine umstrittene Entscheidung, denn es könne einerseits der Vorwurf des Rassismus entstehen und andererseits seien die freien Träger nicht verpflichtet, nachrückende UmAs aufzunehmen. Weiterhin habe der Landkreis ein Gesuch nach neuen potentiellen Pflegefamilien in der Presse platziert. Man sei als Jugendamt ggf. bereit, eine Vermittlungsprämie auszuschütten. Herr Hildebrandt stelle dazu später eine Drucksache vor. Zudem überlege der Geschäftsbereich bei einem weiteren freien Träger, einen zweiten Inobhutnahmeplatz einzurichten. Frau Kantenwein beendet ihren Vortrag und fragt den Ausschuss, ob dieser Fragen zu diesem Thema habe.
Herr Stahl stimmt Frau Kantenwein hinsichtlich der Einschätzung der Problematik zu und bittet die Ausschussmitglieder, Fragen zu stellen, insofern vorhanden.
Herr Korzinovski erfragt, was unter der Absenkung des Qualitätsstandards zu verstehen sei.
Frau Kantenwein antwortet, dass in der Jugendhilfe ein Fachkräftegebot herrsche, welches sich auf bestimmte pädagogische Berufsgruppen beziehe, wie z. B. Sozialpädagogen, Erzieher und Psychologen. Diese Gruppe sei nun um weitere pädagogische Berufsgruppen erweitert worden, beispielsweise Kindheitspädagogen oder Bildungspädagogen. Dabei sei die Ausweitung des Fachkräfteangebotes nur hinsichtlich der Betreuung von UmAs erweitert worden.
Herr Stahl merkt an, dass aufgrund des Mangels an Fachkräften der Kreis von Fachpersonal erweitertet werden müsse.
Frau Kantenwein ergänzt, dass es sich hierbei dennoch um pädagogische Kräfte handele. Diese seien aber nicht ausschließlich auf Sozialpädagogik spezialisiert.
Frau Bosse erkundigt sich, nach Signalen, die erkennen ließen, dass der Landkreis in absehbarer Zeit unbegleitete minderjährige Ausländer zugesandt bekäme.
Frau Kantenwein erklärt, dass Frau Isermeyer im Kontakt mit der Landesverteilstelle stehe. Im Februar habe es keine Zuweisung von UmAs an den Landkreis gegeben, diese seien aber jederzeit und kurzfristig möglich.
Frau Isermeyer fügt ergänzend hinzu, dass der Landkreis aktuell seine Quote erfüllt habe. Es komme aber darauf an, wie hoch die Gesamtzahl der einreisenden UmAs nach Deutschland sei. Somit könne die Quote jederzeit unvorhersehbar steigen. Es gäbe aber einen Verteilungsschüssel, der bei der Verteilung der umAs Anwendung fände.
Dr. Börger fragt, ob zu erwarten ist, dass sich die Zahl der UmAs, mit Erreichen der Volljährigkeit, in absehbarer Zeit ändere. Außerdem erkundigt er sich nach der allg. Altersstruktur der UmAs.
Frau Isermeyer berichtet, dass die Gesamtzahl der dem Landkreis Helmstedt zugewiesenen und nun in Jugendhilfemaßnahmen befindlichen UmAs derzeit bei ca. 30 Jugendlichen läge. Davon haben 10 Jugendliche das 18. Lebensjahr vor kurzem erreicht. Diese würden entsprechend kurzfristig aus den Jugendhilfemaßnahmen entlassen werden. Dr. Börger erfragt, ob die über 18-jährigen UmAs in der Quote Berücksichtigung fänden.
Frau Isermeyer bejaht dies.
Dr. Börger möchte wissen, ob der Verteilschlüssel veränderbar sei, sodass zunehmend UmAs zugewiesen werden.
Frau Isermeyer äußert sich dazu, dass ihr keine Erkenntnisse darüber vorlägen. Grundsätzlich müsse man aber betonen, dass einer Jugendhilfemaßnahme stets ein im Vorfeld festgestellter Bedarf vorausgegangen sein müsse.
Herr Hasse folgt diesem Gedanken. Er zeichnet folgendes Szenario: Orientiert sich der Geschäftsbereich Jugend bei der Bedarfsermittlung von Jugendhilfemaßnahmen ausschließlich am Alter der Jugendlichen, würden Jugendliche, die mit der Vollendung des 18. Lebensjahres und die sich in der deutschen Gesellschaft ohne weitere Betreuung zurechtfinden, aus der Jugendhilfemaßnahme zu entlassen werden. Bestünde ein Bedarf über das Erreichen des 18. Lebensjahres hinaus, hätte dies zur Folge, dass dann die jungen volljährigen Ausländer zu behandeln seien, wie ein klassischer Jugendhilfefall. Im Moment sei die Rechtslage, dass der Landkreis die UmAs bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres aufnehmen muss, um dann zu schauen, wie der Bedarf sei.
Herr Kochanski stellt seine Power Point Präsentation vor.
Frau Bosse fragt nach, ob es einen Durchschnittswert gäbe, wie lange eine Beratung benötigt wird.
Herr Kochanski antwortet, dass es schwierig sei den Durchschnittswert zu nennen, dieser liegt bei bis zu zwei Jahren.
Herr Kochanski wird beim nächsten Jugendhilfeausschuss im Mai erneut über dieses Thema berichten.
Herr Stahl schließt den Tagespunkt, da keine weiteren Fragen gestellt werden.
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